Was Herr Innenminister Thomas Strobl (Baden-Württemberg) zur Zeit medienwirksam zum Thema Notwendigkeit der Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz verbreitet, steht im Widerspruch zu seinen eigenen jüngsten Äußerungen und denen seines Ministeriums. Am Deutlichsten dokumentiert dies die Antwort vom 17.08.2018 auf einen Abgeordnetenbrief von Dr. Rainer Podeswa (Wahlkreis Heilbronn).

Während sich der Innenminister von Baden-Württemberg und stellvertretender CDU-Bundesvorsitzender Thomas Strobl bisher in der Verfassungsschutz-Frage sachlich verhielt und den populistischen Forderungen von SPD, Grünen und Co. stets eine Absage erteilte, änderte er gestern medienwirksamem seine Meinung. Vermutlich aufgrund der Tatsache, dass gerade bekannt wurde, dass unter seiner Verantwortung die Polizei im “Ländle” zum bundesweiten Schlusslicht wurde, kommt eine medienwirksame Ablenkung wie die Überlegung, die AfD vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen, gerade rechtzeitig.

Als Grundlage für seine neue Einschätzung führt er an, dass zwei Landtagsabgeordnete der AfD an der Demonstration in Chemnitz teilgenommen haben und stolz darauf sind, dass inzwischen zahlreiche Deutsche gegen die gegenwärtige Situation friedlich demonstrieren. Zur Erinnerung: laut Bundeslagebild des BKA wurden allein 2017 über 39.000 Deutsche Opfer von Flüchtlingen – also über 100 “Einzelfälle” täglich.

 

Widerspricht Strobls Staatssekretär dem Innenminister?

Während sich die deutschen Medien inzwischen peinlich blamiert zeigen, da selbst im Ausland aufgefallen ist, dass die angebliche Jagd von Rechten auf Ausländer in Chemnitz eine Erfindung gewesen sein könnte und sich auch die Zahl der Straftaten damit nicht deckt, veranlasst der Innenminister trotzdem eine Verbindung zwischen der Demonstrationsfreiheit, die Tausende friedlich wahrnahmen, zur Verfassungsfeindlichkeit herzustellen. Das Problem: sein eigenes Ministerium hat gerade solchen konstruierten Verknüpfungen eine Absage erteilt.

Auch die Tatsache, dass der Bundestag 2015 unter seinem CDU-Kollegen Bundesinnenminister Thomas de Maizière per Reform beschloss, dass V-Leute des Verfassungsschutzes sich “szenetypisch” verhalten und dafür den Hitlergruß zeigen und sich vermummen dürfen, beeinflusst seine öffentlichen Kommentare zur Demo in Chemnitz offenbar nicht.

In Strobls Heimatstadt gibt es das “Netzwerk gegen Rechts Heilbronn“, in dem sich neben SPD und Grünen auch die vom Verfassungsschutz beobachteten Linksextremisten der “Interventionistischen Linken” befinden. Als der Heilbronner AfD-Landtagsabgeordnete Dr. Rainer Podeswa den Innenminister auf diese seltsame Zusammenarbeit in der 67. Sitzung vom 18.07.2018 hinwies, redete dieser um die Situation herum. Der AfD-Fraktionsvize Dr. Podeswa hakte deshalb schriftlich nach.

 

SPD und Grüne arbeiten mit “Scharnier” zwischen gewaltbereiten und gemäßigten Linksextremisten

Der Bundesverfassungsschutz, der Landesverfassungsschutz und auch Strobls eigenes Innenministerium warnen, dass die Interventionistische Linke (IL) das Scharnier zwischen gewaltbereiten Linksextremisten und gemäßigten Linksextremisten ist. Wie kann es also sein, dass SPD, Grüne und die Interventionistische Linke gemeinsam erklären, dass sie auf Augenhöhe zusammenarbeiten und gemeinsam über Mittel des Zivilen Ungehorsam beraten, was regelmäßig teure Polizeieinsätze nach sich zieht?

Und ab wann müssen SPD und Grüne vom Verfassungsschutz beobachtet werden, wenn sie regelmäßig und in voller Absicht mit beobachteten Verfassungsfeinden zusammenarbeiten?

 

Strobls Staatssekretär stellt sich gegen Missbrauch des Verfassungsschutzes

Die Antwort auf Dr. Podeswas Abgeordnetenbrief kam von Strobls Staatssekretär Julian Würtenberger (Aktenzeichen 4-1082.2/465 vom 17.08.2018). Er erklärte wörtlich:

“Daher möchte ich anlässlich der immer wieder geäußerten Forderungen zur Beobachtung bestimmter Organisationen durch den Verfassungsschutz daran erinnern, dass in einem demokratischen Rechtsstaat extremistischen oder radikalen Positionen in erster Linie durch einen offenen Meinungsaustausch und nicht mittels Beobachtung durch den Verfassungsschutz begegnet werden sollte. Das Grundgesetz vertraut auf die Fähigkeit der Bürger, sich mit Kritik an der Verfassung auseinanderzusetzen und im Ergebnis rechtsstaatlich-demokratischen Argumenten den Vorzug zu geben. (…) Konkret bedeutet dies, dass eine Partei dann vom Verfassungsschutz beobachtet wird, wenn hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie die freiheitliche demokratische Grundordnung ganz oder in Teilen einschränken oder abschaffen möchte.”

 

Zweierlei Maß: wie üblich im Umgang mit der AfD

Offenbar kennt Innenminister Strobl diese Positionierung seines eigenen Innenministeriums nicht. Wie sonst kann man erklären, dass die Teilnahme von zwei AfD-Abgeordneten an einer Demonstration, die zu 99% friedlich verlief und bei der vorab auch niemand wissen konnte, wie sie laufen würde, eine Rechtfertigung für Herrn Strobl für Verfassungsschutz-Überlegungen ist und er unsere Abgeordneten dafür als “Brandstifter” beleidigt?

Hingegen ist die ständige Kooperation von anderen Parteien mit Verfassungsfeinden kein Grund. Dabei geht dies bereits seit vielen Jahren so. Dank AfD-Anfragen musste gerade sein Innenministerium immer wieder bestätigen (Beispiel 1, Beispiel 2), dass insbesondere SPD und Grüne regelmäßig mit Verfassungsfeinden arbeiten – jedoch keiner deren Beobachtung durch den Verfassungsschutz fordert.

Als Beispiel ist der AfD-Landesparteitag in Kehl nennen, der von der SPD angemeldet wurde und bei dem von 30 teilnehmenden Gruppierungen 13 vom Innenministerium als linksextremistisch eingestuft wurden. 50 der 350 Teilnehmer kamen sogar aus dem “gewaltorientierten linksextremistischen Spektrum” (Drucksache 16/1110). Trotzdem hat sich nichts geändert und inzwischen toleriert sogar Strobls Innenministerium die Zusammenarbeit zwischen Altparteien und linksextremen, gewalttätigen Beobachtungsobjekten des Verfassungsschutzes.

Das Landesamt für Verfassungsschutz unterliegt der Fach- und Dienstaufsicht des Innenministeriums von Thomas Strobl (CDU).