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Der finanzpolitische Fraktionssprecher Dr. Rainer Podeswa hat der Staatsregierung vorgeworfen, mit dem Nachtragshaushalt in eine ideologisch getriebene Scheinzukunft zu investieren.

„14 Milliarden neue Schulden ist nahezu ein Drittel der 45 Milliarden Euro Schuldenlast, die alle Regierungen zusammen in den 68 Jahren seit Gründung von Baden-Württemberg aufgehäuft haben. Allein die Tatsache, dass diese neuen Schulden erst in 30 Jahren getilgt sein sollen, grenzt nicht an, sondern erfüllt wahrscheinlich den Tatbestand der Veruntreuung von Steuergeld. Hinzu kommt, dass das Geld in drei Monaten nicht sinnvoll ausgegeben werden kann. Also kann Grünschwarz im Wahljahr 2021 über den größten Teil dieses zwangsläufig verbleibenden Schuldengeldes beliebig verfügen – ohne lästige Konsultation und Diskussion im Landtag und ohne den kritischen Blick der Öffentlichkeit. Das ist der Wunschtraum jedes Wahlkämpfers.“

Für Podeswa gleichen die sog. „Zukunftsprojekte“ daher einem grün-schwarzen Wahlkampf Basar. „Um Corona zu bekämpfen, werden u.a. zusätzliche Stellen in der Landesvertretung in Berlin geschaffen, zusätzliche Mittel für eine Holzbauoffensive, eine neue Landesvertretung in Großbritannien und das Landesmuseum Württemberg sowie weit über 12 Mio. für eine Ausstellung in Dubai bereitgestellt, die ursprünglich maximal 3 Millionen kosten sollte. Dass auch zusätzliche Mittel für das irakische Asylbewerberkontingent inklusive sind, versteht sich fast von selbst, wir haben’s ja.

Herr Kretschmann, mit diesem Schuldenhaushalt legen Sie das Land Baden-Württemberg wissentlich in Trümmer. Dieser Nachtragshaushalt ist kein Corona-Haushalt, sondern ein Wahlkampfhaushalt par excellence zu Lasten unserer Kinder. Verantwortungslosigkeit pur.“

Die Rede (es gilt das gesprochene Wort):

Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,

die letzte Steuerschätzung hat die schlimmsten Befürchtungen nicht bestätigt. Die Bürger von Baden-Württemberger haben auch unter widrigsten Bedingungen das Schlimmste verhindert. Wir danken allen Bürgern für Ihre Motivation, Ihren Unternehmergeist und Ihren Fleiß. Die Finanzministerin kann sich gegenüber der letzten Steuerschätzung im Mai über Mehreinnahmen von rund 1,5 Milliarden Euro freuen. Da ist es in der Logik der Landesregierung nur konsequent, wenn, sozusagen als Belohnung, die ohnehin geplante enorme Schuldenaufnahme noch drastisch ausgeweitet wird. 12,4 Millarden Euro Schulden waren vor der Steuerschätzung als Maximum anvisiert. Die Landesregierung will nun noch für das laufende Jahr 2020 rund 11 Milliarden Euro Schulden aufnehmen und für das Jahr 2021 dann weitere 2,5 Milliarden Euro Schulden. Einschließlich der unerwarteten Steuermehreinnahmen also rund 3 Mrd. Euro mehr. Ein Schelm, wer sich fragt, wann die Landesregierung das Geld denn ausgeben will.

Wenn wir den Nachtrag verabschieden, dann sind wir schon im Oktober des Jahres. Alleine die in jedem Jahr dieser Legislaturperiode vom Landesrechnungshof kritisierten Ausgaberesten des Landes belaufen sich auf deutlich über 6 Milliarden Euro [1], obwohl es dazu zum großen Teil keine Bewilligungsbescheide gibt. Dazu kommen dann weitere 5,8 Milliarden Euro zu dem Titel „Zuführung an die Rücklage für Haushaltsrisiken“ und das sogenannte Projekt Zukunftsland BW; also rund 12 Milliarden Euro. Es ist völlig ausgeschlossen, 12 Milliarden Euro – also 12.000 Millionen Euro – in drei Monaten sinnvoll auszugeben. Selbst mit Verbrennen des Geldes geht das nahezu nicht.

Was ist also offensichtlich? Die Landesregierung plant, im Wahljahr 2021, über den größten Teil dieses zwangsläufig verbleibenden Schuldengeldes in Höhe von sagen wir abgeschätzt dann rund 10 Mrd. Euro beliebig verfügen zu können. Das ohne die lästige Konsultation und Diskussion im Landesparlament und ohne den kritischen Blick der Öffentlichkeit. Nahezu beliebige Mittel an der Öffentlichkeit vorbei  – der Wunschtraum jedes Wahlkämpfers.

Einziges offensichtliche Manko für jeden, der sich einen Rest an Anstand und Moral erhalten hat, all dies erfolgt zu Lasten unserer Kinder. Kinder dürfen nicht für Ihre Eltern haften betitelt dann auch der Bund der Steuerzahler seinen Kommentar zum sogenannten Nachtragshaushalt, der in Wirklichkeit ein Wahlkampfhaushalt ist. In 30 Jahren erst sollen diese Schulden getilgt sein.

Das grenzt nicht an, das erfüllt den Tatbestand der Veruntreuung von Steuergeld.

Der Vorsitzende des Bundes der Steuerzahler, Herr Bilaniuk kommentiert diesen sogenannten Nachtragshaushalt dann auch so: „Damit wird dem Gang in den Schuldenstaat Tür und Tor geöffnet, denn in den nächsten 20 Jahren werden mit Sicherheit neue Krisenszenarien auf das Land zukommen. Und dann folgt die nächste Diskussion über neue Schulden, während die alten Schulden noch bedient werden müssen“. 

Rund 14 Milliarden neue Schulden also, oder wie die Landesregierung nahezu pervers dazu sagt; 14 Milliarden Euro frisches Geld. Ich persönlich sage dazu, ich weiß nicht, was an der Veruntreuung der Zukunft unserer Kinder nun „frisch“ sein soll.

Natürlich geht das nicht ohne mulmiges Gefühl“, gibt Ministerpräsident Winfried Kretschmann zu. Herr Ministerpräsident, selten waren wir so uneingeschränkt einig. Auch ich habe dabei ein mulmiges Gefühl. „Das geht schief“, glaube ich.

14 Milliarden neue Schulden ist fast ein Drittel der 45 Milliarden Euro Schuldenlast, die alle Regierungen zusammen in den 68 Jahren seit Gründung von Baden-Württemberg aufgehäuft haben. Ohne Zweifel werden Sie in die Geschichte eingehen als der Ministerpräsident, der wegen einer Grippewelle mit unterdurchschnittlicher Sterberate die Zukunft des Landes, die Zukunft unserer Kinder ruiniert hat.

Was bedarf es für einen normaldenkenden Menschen da noch für eines Beweises? Der aktuelle Doppelhaushalt wurde noch im Gefühl des scheinbar ewig währenden Aufschwungs erstellt und basiert aus heutiger Sicht offensichtlich auf völlig unrealistischen Voraussetzungen. Haben Sie hier reagiert? Wurde der Haushalt angepasst? Gab es den von Ihnen öffentlich geforderten Kassensturz?, den die AfD-Fraktion schon im März gefordert hat?

Nein – und nochmals nein  – zwar wäre es schon angebracht gewesen, erst einmal nach Einsparungen zu suchen. Dem hat sich die Landesregierung aber kategorisch verweigert. Ein halbes Jahr vor der Landtagswahl wollte man die Bürger, wollte man die Beamten, wollte man die Angestellten des Landes nicht erschrecken und vor allen Dingen nicht verschrecken. Das könnte ja die Landtagswahl beeinflussen! Der Bürger könnte ja die falschen Parteien wählen.

Herr Ministerpräsident, öffentlich sehen Sie keine Alternative zu diesem Kurs: “Das hat sich aus der Pandemie ergeben und ist nach unserer Auffassung notwendig“. Und weiter, ich zitiere Sie wörtlich: „Der Eindruck eines orientalischen Basars ist falsch. Es gehe ausschließlich um Investitionen in Zukunftsprojekte.“

Nehmen wir Sie also beim Wort und schauen genauer hin:

Natürlich geht es nicht um einen orientalischen Basar; da sind wir uns völlig einig. Es geht, wenn überhaupt, um einen schwäbisch-badischen Basar und insbesondere geht es um einen grün-schwarzen Wahlkampf-Basar.

Im Nachtragshaushalt sind bisher:

* zusätzliche Stellen in der überlaufenen Landesvertretung in Berlin – um Corona zu bekämpfen,

* zusätzlichen Mittel für eine Holzbauoffensive – um Corona zu bekämpfen,

* zusätzliche Mittel für Die Deutsche Schillergesellschaft in Marbach – um die Corona Krise zu bekämpfen,

* zusätzliche Mittel für das Landesmuseum Württemberg – um die Corona Krise zu bekämpfen,

* zusätzliche Mittel für das irakisches Asylbewerberkontingent – um die Corona Krise zu bekämpfen,

* zusätzliche Mittel in Höhe von 20 Mio. Euro für eine Ausstellung in Dubai die ursprünglich einmal 0 Euro kosten sollte – um Corona zu bekämpfen,

* zusätzliche Mittel in Höhe von 10-12 Mrd. Euro, die am Parlament und an der Öffentlichkeit vorbei geschleust werden sollen, um Corona zu bekämpfen,

usw.

Herr Kretschmann, mit diesem Schuldenhaushalt legen Sie das Land Baden-Württemberg wissentlich komplett in Trümmern. Im März ist Wahl. Dann stimmen die Baden-Württemberger darüber ab, wer diese Trümmer aufkehren darf.

Dieser Nachtragshaushalt, den uns die Regierung Kretschmann vorgelegt hat, ist kein Corona-Haushalt. Es ist ein Wahlkampfhaushalt par excellence zu Lasten unserer Kinder. Verantwortungslosigkeit pur.

Wir sehen den Scheinberatungen der Regierungsparteien sehr besorgt entgegen und hoffen, die Bürger von Baden-Württemberg können trotz Ihrer Nebelkerzen, Herr Ministerpräsident, die Realitäten erkennen.

Sie investieren in eine ideologisch getriebene Scheinzukunft.

Sie investieren in den Arbeitsplatzabbau und

Sie investieren dies alles ausnahmslos schuldenfinanziert zu Lasten unserer Kinder. Armes Baden-Württemberg.


[1] Die Ausgaberesten von 2018 auf 2019 lagen schon bei 5,8 Milliarden Euro.