Bezüglich der Landtagsrede “Keine Gebührenerhöhung für den Zwangsfunk” und der zugehörigen Pressemitteilung meint die Otto-Brenner-Stiftung:

In seiner Landtagsrede “Keine Gebührenerhöhung für Zwangsfunk” im Landtag Baden-Württemberg vom 12.11.2020, bezieht sich Rainer Podeswa falsch und sinnentstellt auf ein Zitat der OBS-Autoren Arlt und Storz aus unserem Arbeitsheft 63 “Wirtschaftsjournalismus in der Krise – Zum massenmedialen Umgang mit Finanzmarktpolitik” aus dem Jahr 2010.

Das Zitat zur „Interpretationslinie der Regierung“ und dem „Autofahrer im Nebel“ wird falsch verwendet. Wie auf Wikipedia und in der Studie – für die auf der Webseite von R. Podeswa eine falsche Quelle angegeben wird – zu lesen ist, bezieht sich das Zitat explizit nicht auf die öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sondern auf die „dpa“.

Diese Kritik der OBS an der dpa (und auch die in der Studie geäußerte Bewertung von ARD und ZDF) bezieht sich konkret auf deren Wirtschafts- und Finanzberichterstattung im Vorlauf zur Finanzkrise 2007/2008. Globalschlussfolgerungen über „die Berichterstattung“ der jeweiligen Institution können daraus nicht gezogen werden. Die Studie und ihre Ergebnisse liegen 10 Jahre in der Vergangenheit, die in der Rede getätigte Formulierung, die (falsch zitierten) Ergebnisse seien „erst kürzlich“ festgestellt worden ist somit falsch!

Die Otto Brenner Stiftung übt als medienkritische Institution in der Tat seit Jahren immer wieder Kritik an spezifischen Aspekten der Berichterstattung (nicht nur) der öffentlich-rechtlichen Medien. Klar ist dabei für uns aber stets: Es ist eine konstruktive und solidarische Kritik in dem Sinne, dass wir den öffentlichen Rundfunk als Konzept und Institution vollständig unterstützen – und mit unserer mitunter harten Kritik dazu beitragen wollen, diese wichtige Institution besser zu machen und zu erhalten!

Wir fordern R. Podeswa und die AfD-Landtagsfraktion BW auf, diesen Sachverhalt richtig zu stellen!

Otto-Brenner-Stiftung am 13.11.2020

Richtig ist: die im Plenum verwendeten Worte “erst kürzlich” stimmen nicht. Die Worte kommen und kamen in den Text-Veröffentlichungen aber auch nicht vor.

Die Kernaussage bezieht sich auf Wikipedia, wo es heißt:

“In dieser attestierten die Autoren der ARD und der dpa ein „eklatantes journalistisches Versagen“. Die dpa würde bei der Finanzmarktpolitik der Interpretationslinie der Regierung derart folgen, „wie der Autofahrer im Nebel dem weißen Mittelstreifen“. Sie hätten zudem „selten und wenn, dann nur unzureichend Zusammenhänge hergestellt“.”

Es ist also von der DPA und der ARD die Rede und im letzten Satz wird ebenfalls im Plural (“Sie hätten”) geschrieben, was wiederum die ARD mit umfasst. [1]

In der Quelle für Wikipedia, der Frankfurter Rundschau, heißt es dazu: [2]

“So werfen die beiden Autoren der dpa vor, sich bei der Finanzmarktpolitik der Interpretationslinie der Regierung derart zu folgen, “wie der Autofahrer im Nebel dem weißen Mittelstreifen”. Sie habe zudem “selten und wenn, dann nur unzureichend Zusammenhänge hergestellt”. Bei den abklopften Ausgaben von “Tagesschau” und “Tagesthemen” sei das ähnlich.

Weiter heißt es: [2]

“Die Printmedien hätten auch lange geschlafen und das Thema “Finanzkrise” erst gesetzt, als der Prozess schon in vollem Gange war. Sie seien aber Ende 2008 aufgewacht – im Gegensatz zu dpa und ARD, die “nicht aus ihrer Routine herauskamen”.

Genau in dieser Routine blieben DPA und ARD offensichtlich auch bei allen folgenden Krisen.

Dass der ARD-Funktionär Kai Gniffke 2010 zur Studie sagte [2]

“Die Finanzberichterstattung vor und während der Krise war sicher für den gesamten Journalismus kein Ruhmesblatt.”

ist geradezu ein “Déjà-vu”! 2017 erklärte derselbe Kai Gniffke zur Berichterstattung über die Flüchtlingskrise: [3]

“In den Berichten von „Tagesschau“ und „Tagesthemen“ werde nicht immer ein richtiges Bild der nach Deutschland drängenden Flüchtlinge gezeigt, hat „ARD aktuell”-Chefredakteur Kai Gniffke eingeräumt.”

Insofern kann die Otto-Brenner-Stiftung stolz auf die Studie sein – sie hat bis heute Gültigkeit. Weder bei der ARD, noch bei der DPA gab es einen Lerneffekt. Auch das hat eine externe Studie bestätigt. [4]

Was die Otto-Brenner-Stiftung zudem nicht erwähnt: in ihrer Studie findet sich noch viel mehr Kritik an der ARD. Beispielsweise als es um die Position eines Politikers geht, heißt es auf S. 125, dass der Zuschauer keine Chance hätte, diese zu erfahren. Die ARD-Journalisten würden “deuten” und “umdeuten“! So wird Kritik des Politikers umgedeutet, obwohl dies nachweislich nicht stimmt. Insgesamt ist die Kritik der Brenner-Studie auch an der ARD verheerend.

Zudem hat auch die Otto-Brenner-Stiftung noch weitere Studien zu öffentlich-rechtlichen Sendern durchgeführt. 2013 beispielsweise zum SWR und NDR. Auch hier gab es kein positives Ergebnis.

2016 kritisierte eine Studie der Brenner-Stiftung bezüglich der “Griechenland-Berichterstattung” von ARD und ZDF zahlreiche Mängel, u.a. mal wieder eine “vielfach unausgewogene Berichterstattung”. [5]

Es gibt also sehr viele Beispiele für die zweifelhafte Berichterstattung der ARD und viel Anlass für Kritik. Insbesondere weil sich seit vielen Jahren nichts verbessert, wie u.a. ein Vergleich der Ergebnisse der Otto-Brenner-Studie von 2010 mit neueren Studien belegt.

Die Kernaussage der Rede ist daher absolut zutreffend, wie auch die Pressemitteilung dazu.

Geradezu amüsant ist die Pressemitteilung der Brenner-Stiftung von damals, als SWR und NDR die Studie über sich kritisierten. So antwortete die Stiftung, dass die betroffenen Sender die Aussagen Ihrer Studie “mit selektiven und vergleichsweise unbedeutenden Thesen zu widerlegen versuchen”. [6]

Versucht nicht jetzt die Brenner-Stiftung dasselbe mit der Kritik der AfD?

Sie reitet letztlich mit ihrer Pressemeldung auf einer vergleichsweise unbedeutenden Aussage (“erst kürzlich”) herum, die auch nur im Wortbeitrag fiel, statt sich einfach darüber zu freuen, dass ihre schon seit Jahren geäußerte Kritik an der zweifelhaften “gesellschaftlichen Relevanz” der öffentlich-rechtlichen Angebote endlich auch im Plenum kritisiert wird. Zitat: [6]

“Hier hat sich gezeigt, dass politische Information und gesellschaftlich kontrovers diskutierte Themen – gelinde gesagt – stiefmütterlich behandelt werden.”

Auch diese Aussage der Stiftung könnte 1:1 von der AfD kommen. Das zeigt: Nur weil die AfD etwas thematisiert, ist es noch lange nicht falsch. Die Behauptung, wir hätten den Sinn entstellt, ist offensichtlich eine Fake News. Der Sinn könnte gar nicht treffender beschrieben sein.

Wenn der Otto-Brenner-Stiftung wirklich an einer besseren Berichterstattung der Presse gelegen ist, dann sollte ihr egal sein, von wem die Kritik kommt.


[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Otto-Brenner-Stiftung#Studie_zu_ARD_und_dpa
[2] https://www.fr.de/kultur/sensationell-schlecht-11631630.html
[3] https://www.focus.de/kultur/medien/tagesschau-und-tagesthemen-ard-raeumt-falsches-fluechtlingsbild-ein_id_5001222.html
[4] https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/studie-der-universitaet-mainz-zur-fluechtlingsberichterstattung-15984089.html
[5] https://www.otto-brenner-stiftung.de/wissenschaftsportal/informationsseiten-zu-studien/studien-2016/die-griechen-provozieren/
[6] https://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/05_Presse/02_Pressemitteilungen/2013_10_08_PM_AP12_SWR_NDR.pdf