Für „absolut erschreckend“ hält der Vize-Fraktionsvorsitzende Dr. Rainer Podeswa die Antwort des Innenministeriums auf seine Anfrage zur Salafistischen Szene in Baden-Württemberg (Drucksache 16/8541). Derzeit geht das Land von 1.200 Anhängern salafistischer Bestrebungen aus, die vor allem aufgrund ihrer ambivalenten Haltung zu islamistischen Gewalttaten vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Dabei setzen sich diese aus 665 Salafisten und 535 Jihadisten zusammen.

Gemäß den Angaben der Landesregierung sind etwa 10% der Salafisten Frauen. Bei den Staatsanwaltschaften Karlsruhe und Stuttgart waren zum 30. Juni 2020 insgesamt 134 Verfahren gegen Islamisten anhängig, wobei nur Staatsschutzstraftaten zählten. Dazu kommen 57 Ermittlungsverfahren wegen des Vorwurfs der Mitgliedschaft in einer terroristischen bzw. der Unterstützung einer islamistisch-jihadistischen Vereinigung.

 

Bis zu 39% der Ausländer aus manchen Staaten statistisch straffällig

Die Mehrheit der Salafisten und Jidhadisten hat keine deutsche Staatsangehörigkeit, wobei die Entwicklung eines „deutschen Salafismus“ zunehmend zum Problem werden könnte. Aktuell kommen insbesondere die Jihadisten vorwiegend aus Syrien, bei den Salafisten kommen mehr aus der Türkei als aus Syrien. Bei den Straftaten fallen die syrischen Staatsangehörigen ebenfalls statistisch auf, aber noch mehr Algerier und Marokkaner.

„Die Statistik gibt der Polizei Recht, wenn sie aus der Erfahrung heraus manche Menschen häufiger kontrolliert als andere“, erklärt dazu Dr. Podeswa. „Wenn auf 3.311 Algerier in Baden-Württemberg 1.287 algerische Tatverdächtige kommen, ist die Quote mit 38,87% schlichtweg extrem auffällig, auch wenn die Tatverdächtigen nicht zwangsläufig Teil der Wohnbevölkerung sein müssen. Zum Vergleich: bei russischen Staatsangehörigen in Baden-Württemberg liegt die Quote bei 3,7%.“

 

Regierung ignoriert das Problem fehlender Grenzkontrollen

„Mich stört massiv, dass die Regierung einerseits die global agierenden jihadistisch-terroristischen Kenn- und Kontaktverhältnisse erkannt hat, von salafistischen Influencern in den sozialen Medien spricht und die politischen Eskalationen in Krisenregionen der islamischen Welt anführt, gleichzeitig aber keine Einschätzung zur salafistischen Szene außerhalb Baden-Württembergs haben will, obwohl jeder Gefährder dank offener Grenzen sowohl aus anderen Bundesländern, als auch Nachbarstaaten jederzeit einreisen kann“, kritisiert Podeswa scharf. „Wenn diese Erkenntnis nicht vom gesetzlichen Aufgabenbereich abgedeckt ist, dann frage ich mich nicht nur, wieso die Regierung beim Rechtsextremismus die Fälle außerhalb Baden-Württembergs analysiert und sich auf diese bezieht [1], sondern ich frage mich generell, wie sie ihre Arbeit bei der Prävention gegenüber Jihadismus überhaupt machen will.“

 

Millionenkosten zur Überwachung von Gefährdern

„Neben der allgemeinen Gefahr sind auch die damit zusammenhängenden Kosten nicht unbedeutend. Gerade kam wieder ein Fall in die Presse, bei dem ein IS-Gefährder in Sachsen-Anhalt seit 2017 überwacht wird, der als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling einreiste. Für 95.000 Einsatzstunden der Polizei, nur um ihn zu überwachen, sind knapp fünf Millionen Euro Kosten angefallen“, ergänzt der Finanzpolitiker Dr. Podeswa. „Darauf basierend kann sich jeder ausrechnen, was der Steuerzahler für die Bedrohungslage bei uns ausgeben muss.“ In Baden-Württemberg wird eine „mittlere zweistellige Anzahl an Personen“ als Gefährder eingestuft, so die Antwort der Regierung (Drs. 16/8541).

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[1] vgl. die Begründung zum Antrag Drucksache 16/8327